Bekenntnisse

Schon wieder:
Die SPD muss mal!

Nr. 590 – vom 27. September 2013
Nach der Wahl steht nun der SPD die Nachwahl bevor: Entweder Große Koalition oder Verweigerung mit anschließender Neuwahl. Soll keiner sagen, die Entscheidung sei alternativlos. Ist es doch eine Wahl zwischen Strychnin und Zyankali. Und schließlich gibt es gerade in der SPD sehr unterschiedliche Geschmäcker.

Die Basis stellt sich zur Zeit noch weitgehend bockig an. „Die SPD ist grundsätzlich unwillig“, kommentiert die „FAZ“, aber: „Sie wird das Wollen lernen müssen.“ Eine Basis, die soviel Schiss hat, muss zwangsweise aufs Töpfchen gesetzt werden, auch wenn sie verdruckst behauptet: „Ich kann nicht!“ Sie hat so lange auf dem Topp sitzenzubleiben, bis sie ganz freiwillig ausruft: „Ich muss mal!“ Dann ist sie in Topp-Form für die Kanzlerin.

Nun tagt heute kurz vor der schlaflosen Nacht ein SPD-Parteikonvent, der ganz unkonventionell einen Basisentscheid über den Eintritt in eine Große Koalition beschließen soll. Vorstandsmitglied Ralf Stegner begründet das bei dpa mit den Worten: „Wenn wir am Ende etwas machen, was wir nicht wollen, aber müssen, geht es gar nicht anders.“

Oder – noch einmal „FAZ“: „Was die SPD braucht, ist der Mut zum Wollen, der angesichts der Notwendigkeiten zugleich ein Mut zum Müssen ist.“ Oder – ins Buchholzsche übersetzt:

Kein Missmut darf die letzte Wahl gefährden
Aus Missmut muss der Mut zum Müssen werden.
Der Muss-Mut führt dann irgendwie
zur Muss-Wahl der Miss Germany.
Ne Miss-Wahl. Damit muss man leben,
dass es ‘ne falsche Wahl ist, eine Misswahl eben.
So ist es nun mal, wenn man mit ‘ner Miss muss.
Das Ganze nennt sich: Sozi-Masochismus.


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Zu dem seltsamen Zusammenspiel koalitionärer Hilfsverben habe ich schon mal ein paar Spottverse verfasst. Das las sich damals so:

Gleich nach der Wahl beginnt die Qual.
Die Frage lautet allemal:
Wie läuft es nun prozentual?
Wer könnte eigentlich mit wem?
Soll heißen: Könnte der mit dem?
Beziehungsweise: die mit der?
Muss gar ein flotter Dreier her?

Da müssen welche miteinander pennen,
die miteinander gar nicht können,
die auch nicht wollen, aber sollen.
Man kann nicht und man will nicht können
und trotzdem muss man können wollen.

Das macht die künftigen Regenten
zu potentiellen Impotenten.
Zum Kopu- wie zum Koalieren
mangelt es allen am Gelüste.
Man kann nun mal nicht e-regieren,
nur weil man’s wollen sollen müsste.

Gern will die Qual ich jenen gönnen,
die da nicht können und nicht wollen.
Sie sind verdammt, wollen zu sollen,
weil sie halt glauben, dass sie’s müssten...
Ach, wenn die Nichtkönner doch wüssten,
was sie mich – und zwar heftig – können!


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PS. Am nächsten Donnerstag und Samstag trete ich im Hamburger Lustspielhaus auf mit dem neuen Programm: "Macht!Menschen". (Der Auftritt am Freitag ist gestrichen, weil der Herr Künstler anderweitig benötigt wird.)