Bekenntnisse

Schwule Perversion
und sonstige Ehen

Nr. 597 – vom 3. Dezember 2013
Das wunderbare Volk unseres EU-Neuzugangs Kroatien hat sich mit unziemlicher Mehrheit gegen die Einführung einer sogenannten Homo-Ehe ausgesprochen. Ja, ich weiß, ich könnte jetzt CSU-verdächtigt werden. Diese Schreibweise von der „sogenannten“ Homo-Ehe kann gröblich missverstanden werden, als würde ich meinen, dass ein schwul/lesbisches Liebes-Kuddelmuddel nicht staatlich abgesegnet werden dürfe in einer bürgerlich-gesetzlichen  Zwangsgemeinschaft – allgemein „Ehe“ genannt. Meinen Segen sollen sie haben, wenn die jeweiligen Partner das wünschen – so wie in jeder anderen Beziehung normal-perverser Heteros auch.

Ich benutze das Beiwort „sogenannte“ nur deshalb im Bezug auf das Hauptwort „Ehe“, weil in diesem Substantiv germanisch wortwurzeltief das „Ewige“ steckt. Und dieses Ewige, das andauern soll – zumindest solange „bis dass der Tod Euch scheide“ –  findet bekanntlich meist  lange vor dem Tod einen anderen irdischen Scheidungsrichter. Das „Ja-Wort“ ist doch in vielen Fällen kein langfristiges Versprechen, sondern ein kurzfristiger Versprecher.

Und warum sollte man da Schwulen und Lesben nicht dasselbe Recht auf angeblich immerwährenden Irrtum zugestehen wie man es Ent-Scheidern vom Stamme der Heteros alltäglich gewährt. Sind wir doch in Sachen Liebe allesamt Herum-Irrende. Durchreisende auch im erotischen Transit. Transsexuelle sind wir doch alle. Und wie schön, wenn man dann auf dieser wilden, abenteuerlichen Reise eine Station erreicht, wo man aussteigt und dann mit aller Lebens- und Liebessehnsucht bleiben will. So etwas gibt’s. Ich weiß es.

Zurück nach Kroatien: Da stimmte also vorgestern eine katholisch konditionierte Mehrheit gegen die Homo-Ehe. Das wird bei uns deutschzulande so nicht möglich sein, weil das Volk auf Bundesebene, abgesehen von Parlaments-Wahlen, nicht weiter volksentscheidend eingreifen darf in die bundesdeutsche Gesetzgebung. Und das ist auch gut so! In diesem Punkt bin ich absolut volksfeindlich. Ich misstraue dem Volk, wenn es um die Rechte von Minderheiten geht. Auch wenn die Minderheit sogar die Mehrheit bildet: In der Schweiz – nur mal als Beispiel für ein zweifellos demokratisches Gemeinwesen – wurde das Stimmrecht für Frauen per Volksabstimmung (an der damals natürlich nur die Männer beteiligt waren) ganz demokratisch mehrfach niedergestimmt. Erst im Jahre 1971  – lange nachdem das Wahlrecht für Frauen in so feministisch engagierten, fortschrittlichen Länder wie Afghanistan und Türkei eingeführt war – hatte die Mehrheit der männlichen Eidgenossen dann ein Einsehen (gegen den Willen der katholischen Kirche), dass Mann auch Frauen das Recht zu einer demokratischen Fehlentscheidung bei einer Wahl zugestehen sollte.

Meine volksentschiedene Meinung ist und bleibt: Das Volk (Frau inklusive) hat gefälligst die Fresse zu halten, egal ob es um Ausländer geht oder Juden oder um sonst irgendwie Anders-Rumme. Für die Eindämmung von möglichen reaktionären Volks-Gelüsten haben wir ein gewähltes Parlament. Das wird zwar auch, wie in der Asyl-Gesetzgebung, in der Mehrheit populistisch entscheiden. Aber grundsätzlich darf man doch bei unseren Volks-Vertretern die Hoffnung haben: Die sind nicht das Volk!


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PS: Wenn Sie mich nicht nur lesen, sondern mich auch erleben möchten, und zwar mit meinem neuen Programm "Macht!Menschen", dann empfehle ich folgende Termine:
Donnerstag, 5. Dezember, in der Casa de la Trova in Wendelstein.
Freitag, 6. Dezember, im Podium in Kaufbeuren.
Sonntag, 8. Dezember, bei den Wühlmäusen in Berlin.
Mehr Informationen gibt es in meinem Tourneeplan: http://www.martin-buchholz.de/tourneeplan.php