Bekenntnisse

Was ist der Buchholz?

Nuhr zu feige!

Nr. 624 – vom 31. Oktober 2014
„Hooligans gegen Salafisten“: Endlich haben sie sich gefunden, Neonazis und islamistische Neos, die zwei wichtigsten Mannschaften der deutschen Hirnlosen-Liga, würdige Gegner im Kampf um den Europa-Cup des fundamentalistischen Irrsinns. Jakob Augstein zitiert in seiner heutigen „Spiegel-on-line“-Kolumne einen der Sprechchöre, mit denen die Kampfesfreude der Anti-Islamos angefeuert werden sollte: "Heute schächten sie Schafe und Rinder, morgen vielleicht schon Christenkinder." Natürlich sind ihnen solche Gereimtheiten nicht selbst eingefallen – wie auch, wenn man die eigene Hirnschalen längst geschächtet hat. Das sind tausendjährige Spruch-Weisheiten aus früheren Zeiten. Nur ging es damals nicht gegen den Islam, sondern gegen das Judentum. Soll keiner sagen, dass junge Leute nicht bereit wären, deutsche Traditionen zu pflegen.

Nun ist der Kampf um Europa schon lange entbrannt. Das hat auch die Europa-Wahl in diesem Jahr gezeigt: Die planvoll geschürte Hysterie in vielen Medien hatte Früchte getragen. Die Internationale der ultrarechten Fremdenhasser, von den Verdummten dieser Erde nun mit Macht zum Durchbruch gebracht, hatte ihren Wahlkampf weitgehend auf einen Nenner gebracht: Es ginge darum, die endgültige Islamisierung Europas zu verhindern. Diese Dumpfsinnigkeit funktioniert auf der völkischen Unterschwelle bis weit hinein in das, was sich heute das „bürgerliche Lager“ nennt – auch in Deutschland. Die Angstparolen der „AfD“ (ein Kürzel für: „Allah frißt Deutschland“) wurden an den Wahlurnen vielstimmig wiederholt.

Unermüdliche Aufklärer wie Henryk M. Broder (nee, das M. steht nicht für Mohammed) und seine Propaganda-Brüder vom Blog „Die Achse des Guten“ sorgten dafür, dass die anti-islamische Achse immer gut geschmiert war. Als die Schweizer sich vor vier Jahren mit satter Mehrheit dafür entschieden hatten, dass man die Kirche konkurrenzlos im Dorfe zu lassen habe, auf dass kein Minarett das Matterhorn überrage, belobigte Broder das eidgenössische Votum als beispielhaft für die restliche westliche Welt. Denn, so Broder: „Moslems dürfen in Europa Gebetshäuser bauen, Christen in den arabisch-islamischen Ländern dürfen es nicht.“ Also müssen wir den Spieß nur umdrehen. Wir müssen endlich den Fundamentalismus der islamistischen Fanatiker übernehmen und in Sachen Religionsfreiheit das Mittelalter wieder einführen. Ein fundamentalistisches Gegengeschäft: Auge um Auge! Hirn um Hirn! So habe ich das damals kommentiert (Wochenschauer Nr. 447 vom 27.11.2009).

Und heute schäme ich mich dafür. Denn inzwischen hat mir Dieter Nuhr ins Gewissen geredet. Seine Erweckungspredigten hat er inzwischen zu einer Art Koran-Schule gemacht. Da zitiert er alle Grusel-Stellen aus den Suren und mekkat kräftig dagegen an. Aber die Mohammedaner wollen blöderweise nicht auf ihn hören. Die schwören einfach nicht ab. Nun könnte man natürlich auch alle Gruselstellen aus der Bibel herbeizitieren, was die Fundamentalisten in den USA auch gerne machen, die in etlichen Bundesstaaten an der Regierung sind und die dort die öffentlichen Bibliotheken säubern von schändlicher westlicher Literatur und an den Schulen die Darwinsche Evolutionslehre zu Teufelswerk erklären. Von überwiegend rassistisch bedingten Todesstrafen an Schwarzen und Morden an Abtreibungsärzten einmal ganz abgesehen. Und das sind nur einige Beispiele. Die hier aber nicht zählen. Weil in den christlichen USA bekanntlich die Meinungsfreiheit nicht bedroht wird; sie wird nur elektronisch allumfassend überwacht. Hingegen braucht in den streng islamistischen Staaten die Meinungsfreiheit nicht überwacht zu werden, weil es sie gar nicht gibt.

Die „FAZ“ zitierte in dieser Woche aus einem Nuhr-Interview, bei dem es einzig und alllein um seine Haltung zum Islam ging: „Nuhr wünscht sich ein breiteres Einstehen der bürgerlichen Mitte für die Meinungsfreiheit – auch, um einer Instrumentalisierung seiner Kritik durch Rechtsradikale zu begegnen.“ Einleuchtend: Die bürgerliche Mitte muss sich eben selbst meinungsfreiheitlich gegen den Islam radikalisieren, damit Rechtsradikale daneben keine Chance mehr haben.

Weiter lese ich der „FAZ“: „Nuhr ging in dem Gespräch zugleich mit dem deutschen Kabarett hart ins Gericht.“ Was den satirischen Umgang mit dem Islam anginge, würde das Kabarett (mit Nuhr einer Ausnahme) kneifen. Nuhr über seine Kollegen: „Die ziehen den Schwanz ein. Sonst wäre man ja islamophob“.

Und da hat er mich wahrlich schwer getroffen: Zu lange habe ich mit eingezogenen islamophilem Schwanz auf der Bühne gestanden. Jetzt lasse ich ihn endlich raushängen. Ich habe nämlich in diesem Jahr eine Bürgerinitiative gegründet unter dem Motto: „Weg mit allen Minaretten!“ Allerdings nicht in Deutschland, sondern in der Türkei. Da war ich im Sommer für ein paar Wochen auf Reisen und wurde permanent in meinem Morgenschlaf gestört durch muselmanisches Lautsprecher-Gewimmer von allen Minaretten herab. Wenn ein Muezzin mit seinem monotonen Singsang fertig war, fing der nächste an. Und mindestens 15 Moscheen waren immer direkt in der Nähe. Man konnte währenddessen bei dieser ohrenbetäubenden Jaulstärke kein Wort wechseln, geschweige denn eine Meinung äußern. Die Meinungsfreiheit war ständig brutal unterdrückt. Wahrlich: Ich weiß, was islamischer Terror bedeutet. (In Deutschland habe ich eher einen Bimmel-Bammel, wenn schon frühmorgens in verschiedenen Kirchtürmen der Glauben an die große Glocke gehängt wird.)

Meine Bürger-Initiative gegen türkische Minarette hat allerdings bislang selbst unter türkischen Freunden keine Anhänger gefunden, nur unter einigen deutschen Touristen. Mit mir zusammen waren wir immerhin drei. Wir drei wollten dann in Istanbul auch eine Massendemonstration veranstalten, um den Türken endlich zu zeigen, dass wir uns nicht länger terrorisieren lassen. Alle deutschen Fernseh-Stationen waren schon mit Kamera-Teams vor Ort, um diese mutige Aktion deutschen Widerstands im Namen der Meinungsfreiheit in die Nachrichtensendungen zu bringen. Aber dann hat mich doch der Mut verlassen – auch weil meine Frau meinte, dass ich total beballert sei und wenn ich so weiter mache, werde sie aus Protest gegen mich nur noch mit einem Kopftuch herumlaufen.

Und wieder habe ich den Schwanz eingezogen. Ja, ich gestehe! Ich weiß, was ich bin. Nuhr zu feige!


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Der Härtetest
eines Weicheis 

Unser Verkehrsregler Dobrindt erntet als potentieller Wegelagerer an deutschen Verkehrswegen nur Hohn und Häme. Zunächst hat man den potentiellen Straßenräuber selber gründlich abkassiert. Zumindest kassierte man einen wesentlichen Teil seiner Maut-Pläne – und die Abkassierer kamen sogar aus den eigenen Reihen. Und nun sind auch die Datenschützer hinter ihm her, die schon längst auf der Datenautobahn ihr gefährliches Unwesen treiben. Wegen der geplanten elektronischen Überwachung von Auto-Nummern, die ja meist im Stau geschoben werden, befürchten sie, dass der Autofahrer „gläsern“ werden könnte. Daraufhin hat der Minister in der heutigen BILD-naja-Zeitung den „härtestmöglichen Datenschutz“ versprochen.

„Härtestmöglich“ soll hier offenbar eine Steigerungsform sein – aber wovon? Die Normalform dieses Superlativs wäre „hartmöglich“, der Komperativ „härtermöglich“. Sinnfreie Wortverbindungen, die unterschwellig so etwas wie eine mentale Errektionsschwäche bei Alexander D. vermuten lassen. Alexander der Kleine ist eben nur ein Männekin, gewissermaßen ein Anhängsel von Seeehofer. Steht er doch unter der strengen Aufsicht seines brutalstmöglichen Erziehungsberechtigten, der die Mautgelder dringend braucht, um die Alimente für die bayrischen Landfrauen zahlen zu können. Der Alimenteur nennt diese Unterhaltspflicht allerdings „Betreuungsgeld“.

Und das Ministerchen Dobrindt hat als brutalstmöglich gedeckelter Dackel immer nur mitzukläffen – unisono mit his master’s voice. Eben ein härtestmögliches Weichei.


PS: Demnächst trete ich an folgenden Orten auf – kommen Sie doch auch!
Am 1. November in Erlangen.
Am 8. November in Berlin/Kleinmachnow.
Am 10. und 11. November in Hamburg.
Am 12. und 13. November in Meerbusch.
Mehr Informationen zum Tourneeplan finden Sie ebendort.