Bekenntnisse

Ja, mich gibt’s noch ...

Nr. 685 – vom 6. Oktober 2018

Lange hatte ich eine Sommer-Sendepause mit diesem Satire-Newsletter. Ich nutze die wieder gewonnene Zeit ohne Auftritte für Reisen, zum Lesen und Gärtnern – ja, und auch zum Schreiben. Ich arbeite sporadisch an einer aktuellen Neufassung meines Buches „Alles in bester Verfassung“, das zum 70jährigen In-Kraft-getreten-worden-Seins des Grundgesetzes im nächsten Jahr erscheinen wird. Und ich werde mit diesem Text auch auf der Bühne stehen im nächsten Frühjahr – am 28. April und am 19. Mai in der Berliner „Distel“.

Und am nächsten Sonnabend und Sonntag moderiere ich ein Konzert des Hanns-Eisler-Chors zum 45jährigen Jubiläum. Vor 40 Jahren habe ich bei einem Konzert dieses Chors als Komm-Franz-Jeh (oder auch Conferencier) meine ersten satirischen Schritte auf einer Bühne gewagt. So was verbindet, wie man sieht, auf lange Zeit. Und was uns da verbindet, sind „Rote Fäden“. Unter diesem Titel läuft auch das Konzert – am 13. und 14. Oktober, jeweils um 18 Uhr, in der Akademie der Künste Berlin am Hanseatenweg im Tiergarten. Kartenbestellungen: www.hanns-eisler-chor-berlin.de oder per Telefon 0177 314 08 55

Ein Einheitstag ist kein Totensonntag

Der leider längst verstorbene Lyriker Volker von Törne (vielleicht erinnern sich einige von Ihnen an seine Arbeit in der „Aktion Sühnezeichen“) hat mal gedichtet: „Wo man singt, da lass dich ruhig nieder-schlagen. / Deutsche Sänger lieben keine Zwischen-fragen.“ Das hat der Eisler-Chor dann gesungen. Doch was ist schon ein linker Chorgeist gegen den rechten Korpsgeist!

Apropos: Die nationalen Chemnitz-Festspiele in der deutschen Einheits-Woche hatten ja mal kurz eine Pause, weil die „Revolution Chemnitz“ anderweitig verhindert war. Pünktlich zum Einheitstag (ohne Einheitspartei) brachte der Berliner „Tagesspiegel“ eine etwas andere Einheits-Bilanz. Seit 1990 wurden mindestens 169 Menschen von extrem Rechten getötet. Die „bedauerlichen Einzelfälle“ (so vielfach die Einheits-Meinung) sind sehr gut recherchiert und einzeln dargestellt. Hier ist der Link: https://www.tagesspiegel.de/politik/interaktive-karte-todesopfer-rechter-gewalt-in-deutschland-seit-der-wiedervereinigung/23117414.html.

Aber glauben Sie dieser Darstellung bloß nicht. Denn die Bundesregierung meldet gerade mal 83 solcher Einzelfall-(Un)Fälle im gleichen Zeitraum. Und dabei beruft sie sich auf offizielle Polizei- und Justiz-Statistiken. Da blasen alle Fake-Posaunen: Trärä! Trärä! Ein (Ver-)Tusch auf die offizielle Wahrheit.

Nur mal zum Vergleich: Wenn am 13. August alljährlich offiziell Kränze abgeworfen werden an den entsprechenden Gedenkstätten, dann gedenkt man der 139 Maueropfer aus 28 Mauerjahren; der 169 Mordopfer aus den 29 Nach-Mauer-Jahren wird nirgendwo gedacht. Oder wenn ihrer gedacht wird, wie an dieser Stelle, dann immer zu spät. In Deutschland wird eben, wenn überhaupt, nur immer hinterher gedacht. Vorher selten.

Schluss mit lustig

Der Deutschlandsender hat sich jüngst mal mit den freiwillig Zurückgetretenen beschäftigt – nein, nicht mit denen aus der offiziellen Politik (das wäre eine Zwei-Minuten-Sendung), sondern mit denen aus der inoffiziellen Politik, also mit den politischen Kabarettisten, die sich von der Bühne verabschiedet haben oder gerade dabei sind. Volker Pispers, Henning Venske, Richard Rogler, Georg Schramm – ja, und auch icke. Der Chronist Achim Hahn hat daraus ein sehr hörenswertes Feature gemacht – und hier ist es zum Nachhören: https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2018/09/05/schluss_mit_lustig_dlf_20180905_2104_3b0f826b.mp3.