Bekenntnisse

Hallo und guten Tag!

Nr. 709 – vom 8. April 2023

Ich habe es geahnt. Einige aus meinem Abonnentenkreis haben mir nach meiner endgültigen Absage an Sahra Wagenknecht ebenfalls eine heftige Absage erteilt und das Abo gecancelt. Das ist okay. Was mich doch etwas gewundert hat, war der Ton, in dem mir solche e-mailigen Abo-Absagen erteilt wurden: "Du Scheißkerl, den ich mal für einen richtigen Linken gehalten habe. Verpiss dich!" Für mich kein Problem, weil ich glücklicherweise keine Beschwernis mit dem Mich-Verpissen habe. Ein Glücksfall, der nicht jeder Prostata gegeben ist.

Nun ja, manche Kündigungen sind eben unvermeidbar. Auch ich habe in meinem Bekanntenkreis aus früheren Corona- und jetzigen Putin-Zeiten einige Bindungen kappen müssen. Das Leben ist zu kurz und wird immer kürzer. Die Zeit ist zu wertvoll, als dass man sie mit sinnlosen Diskussionen mit hirnverholzten Dumpfbregen verschwenden sollte.

Eine Erkenntnis, die ich auch in dem erzgebirgischen Umfeld mache, wo ich mich zurzeit mal wieder aufhalte. Da gibt es immer noch etliche ach-so-besorgte brave Bürgersleute, die es irgendwelchen Ausländern oder Flüchtlingen am liebsten mal so richtig besorgen würden. Sahra meinte ja, man solle Verständnis für deren Entsorgungs-Sorgen haben, auch wenn man weiß, dass ihre vermeintlichen Ängste für viele Betroffene sehr konkret angst-einjagend sind.

Ich verstehe manchmal nicht, was man so alles verstehen soll. Oder um es mit meinem ehemaligen Freundfeind Wiglaf Droste zu sagen: Man muss doch nicht an jeder Mülltonne schnuppern, um festzustellen, dass sie stinkt.
 

Gesucht: Intelligenz, zur Not auch künstlich

 
Ein großes Gezeter und Gezanke und Gezoffe ist an- und ausgebrochen in den besseren Lesezirkeln der zeitgeistlichen Medien: Da winselt und wimmert man endlos öde Spalten lang, dass die original menschliche Intelligenz schwer angeschlagen sei. Durch technischen K.O. habe die KI, die künstliche Intelligenz, längst gesiegt. Die Schreckensherrschaft der Algorithmen steht uns angeblich unmittelbar bevor, wenn sie nicht schon an- & ausgebrochen ist.

Bei diesen Algorithmen handelt es sich offenbar um Aliens, die da unheimlich-heimlich aus den Tiefen des virtuellen Raums auf unseren Computern notgelandet sind. Eine Invasion, die in den höheren Etagen der bessren Society eine Mischung aus Faszination und Gruseln auslöst. Ein wohlig-grausliger Schauder, denn was könnte faszinierender sein als die Tele-Vision des apokalyptischen Horrors.

Nirgendwo lese ich, wie viel größer die reale Gefahr ist, die uns schon seit langem aus einem ganz anderen Hohlraum droht – nämlich aus dem Hohlraum unter der leeren Schädelschale etlicher Zeitgenossen (-innen inklusive). Dort hat sich bei vielen Zeitgeistern (-geisterinnen ebenfalls inklusive) die einst möglicherweise real existierende Intelligenz auf Nimmerwiedersehen verabschiedet. Was wäre dagegen einzuwenden, wenn man zum Beispiel einem Verkehrsminister eine künstliche Intelligenz implantieren würde? Dann hätte er wenigstens eine.

Nun ja, das ist ein billiger Spott. Weiß man doch in meinem Alter, dass man eigentlich nur noch als Ersatzteil-Lager existiert: Künstliche Hüfte, künstliches Knie, implantierte Beißer. Wäre es nicht praktisch, wenn es auch für das Hirn eine Prothese gäbe, bevor es irgendwann in einem Nirgendwo dahin alzheimert. Das schreibe ich durchaus im eigenen Interesse: War doch mein bisheriges satirisches Werkeln in einem dialektischen Sinne stets geprägt von Thesen und Anti-Thesen. Aber muss man denn immer anti sein? Eine Pro-These wäre doch mal eine positive Alternative.

Und erst dann, wenn irgendeine automatische KI-App auf meinen Computer einen solchen halb-intelligenten Kalauer unsinngemäß verstehen würde, wäre ich bereit, mit meinem Kolumnen-Geschreibsel aufzuhören.