WENN EIN VERTRAUEN WEGEN
ÜBERFÜLLUNG SCHLIESSEN MUSS
Nr. 746 vom 26. September 2025
I.
In der allgemeinen Polit-Floskelei wird man immer wieder mit superlativen Sinnlosigkeiten belästigt, die das Nichtsagende in ein Übernichts potenzieren. Hier zwei Beispiele aus den letzten Tagen:
Der Berliner Regierende, ein gewisser Wegner, hat ein verfrühtes Wahlkampf-Video in die ihn umgebende provinzielle Umwelt geschickt. Unter anderem bekundet er darin „vollstes Vertrauen in unsere Polizei“. Was will er uns damit sagen? Beim Wörtchen „voll“ ist der Superlativ nun mal eine sinnlose Leerformel – vollstens und zutiefst der reinste, also leerste Unsinn. Solchen hochgeleierten Worten sollte man besser nicht ganz trauen – schon gar nicht ganzstens.
Wenn etwas voll i-st, ist es eben voll, auch wenn es sich um ein dubioses Vertrauen handeln sollte. Mehr Vertrauen geht nicht rein in die Fülle (genauer: in die eigentlich sinnentleerte Sprachhülse). In der Merkel-Ära war es ein drohendes Anzeichen, wenn die Kanzlerin einem umstrittenen Minister ihr „vollstes Vertrauen“ aussprach. Der Vollst-Vertraute ist dann bald darauf von ihr zurückgetreten worden – ganz freiwillig, versteht sich, im vollsten Einverständnis. Gewiss hatte er dann auch mit sich selber das vollste Mitgefühl.
Übrigens: Wenn man nach einem Saufabend oder nach einer Völlerei so richtig voll ist, dann dreht es einem meist den Magen „vollstens“ um. Wollte uns der Bürgermeister mit seinem „vollsten Vertrauen in die Polizei“ verschlüsselt mitteilen, dass sein Vertrauen eigentlich zum Kotzen ist?
II.
Apropos: Wegners Kulturstaatssekretärin (der Name ist der Redaktion bekannt) verkündete jüngst, dass irgendetwas im Flächennutzungsplan mit einem anderen behördlichen Irgendwas „in keinster Weise vereinbar“ sei. Da ist also etwas nicht nur „keiner“ als „kein“, sondern auch noch „keinstens“. Eine Super-Laberei, die „in keinster Weise“ etwas mit Logik zu tun hat geschweige denn mit der Grammatik. Solche verbalen Schein-Orgasmen sind die Folge, wenn man es in liebloser Penetranz mit der deutschen Sprache treibt – keinsthirnig, aber vollstmundig.
Doch damit für heute genug der sprachlichen Maulerei. Auf der Bühne geht es bei den „Wühlmäusen“ am nächsten Sonnabend, den 4. Oktober, vollst-inhaltlich weiter. Und an diesem Sonnabend im TAK in Hannover.
Es grüßt Sie herzlichst und hirnlichst
Ihr Martin Buchholz
Übrigens: Sie können diesen Satire-Letter sehr gerne an Freunde und Bekannten weiterleiten. Das kostenlose Abonnement gibt es unter:
https://t60f919bb.emailsys1a.net/269/994/8411700325/subscribe/form.html?_g=1751467397
Die nächsten Vorstellungen auf meinem Spielplan:
Sonnabend, 27. September, Hannover, TAK ("Theater am Küchengarten") Ticket-Telefon 0511/132-29041
Sonnabend, 4. Oktober, und Sonnabend, 18. Oktober, sowie Sonntag, 19. Oktober bei den „Wühlmäusen“ in Berlin; Karten unter diesem Link.
https://www.eventim.de/artist/martin-buchholz/?affiliate=WUM
Sonnabend, 11. Oktober, Frankfurt a. M., KÄS, Tel. 069 902839 86 –Kartenbestellungen auch unter diesem Link:
https://diekaes.reservix.de/p/reservix/group/
Hier die Theater-offizielle Programm-Ankündigung:
Buchholz kann’s nicht lassen: Politisches, top-aktuelles Kabarett ist nun einmal sein Metier, weshalb sich sein Programm auch ständig verändert. Doch zugleich strolcht er auch durch die Sitten früherer Zeiten. Ein gefürchteter Sittenstrolch, gegen den schon lange Ermittlungen laufen wegen der Verführung Minderdenkender. Einer, der schamlos öffentliche Unzucht mit Abhängigen treibt – auch wenn er behauptet, das Ganze sei ein Lust- und Liebesspiel mit der deutschen Sprache.
Zum Beweis bringt er überwiegend neue Texte sowie auch einige frühere Elaborate zu Gehör und Gehirn. Auch sein neues Buch „Männer, Macht und Mythen: Über Erschöpfer und Erschöpfte“ stellt er dabei vor, ein satirischer Streifzug durch die patriarchale Weltgeschichte. Für 23 € signiert zu bestellen unter kontakt@martin-buchholz.de.